Creepypasta // Folklore des 21. Jahrhunderts

Wenn man die Geschehnisse von 2016 bedenkt und die Horrorclowns, die dem Ganzen jetzt noch die Krone aufsetzen, braucht man da eigentlich noch mehr Horror?

Vielleicht nicht unbedingt. Aber, wenn man ihn in kleinen Dosen und in der Sicherheit der eigenen vier Wände begegnet, dann ist das auch ein wenig anders und schließlich steht Halloween vor der Tür und wir haben das gesamte Wochenende, um in Gruselstimmung zu kommen. Für manche reicht dafür schon der doppelte Gesehenhaken nachdem man eine Nachricht verschickt hat. Für andere ist der pure Horror ausversehen ein zwei Jahre altes Bild seines Crushes zu liken. Für alle, die es gerne etwas kontrollierter mit der Angst zu tun kriegen, gerne lesen, oder sich gerne einreden, dass sie ja gar keine sooo großen Angsthasen sind (a.k.a. ich), sind kurze Horrorgeschichten möglicherweise das Richtige. Um genauer zu sein Creepypastas.

Was sind Creepypastas?

Annalee Newitz bezeichnet Creepypastas als Folklore des 21. Jahrhunderts. Zwar sind Creepypastas nicht auf Text beschränkt, sondern können auch Bilder oder Videos sein, aber ganz einfach gesagt, sind Creepypastas Gruselgeschichten, die im Internet verbreitet werden. Während man sich vor Zeiten des Internets Volksmärchen oder sogenannte Urban Legends nachts am Campfeuer erzählt hat, so gibt es heute Creepypastas im Internet, wenn man sich gruseln möchte, aber gerade kein Campfeuer zur Verfügung steht.

Für alle, die nicht wissen was Urban Legends sind: Man kann Urban Legends als „Volkssagen“ betiteln, die sowohl schriftlich – von der Tageszeitung bis zum Internet – als auch mündlich tradiert werden. Es sind Geschichten von zweifelhafter Glaubwürdigkeit und fabulösem Inhalt, die erzählt werden, als seien sie tatsächlich so passiert, und zwar gerade eben, dem Bekannten eines Bekannten.
Urban Legends kommen vor allem aus dem angelsächsischen Raum und haben oftmals etwas von einer Cautionary Tale (engl. abschreckendes Beispiel). Für Fans von Serien wie Supernatural oder Filmen wie Düstere Legenden (Originaltitel: Urban Legends) wird der Begriff nichts Neues sein.
Wer mehr klassische Urban Legends lesen möchte wie Bloody Mary oder Hook Man, dem kann ich die englische Sammlung ans Herz legen, die im Reclam-Verlag unter dem Titel Urban Legends erschienen ist.

Auch im japanischen kennt man solche Legenden. Dort nennt man sie 都市伝説 Toshi Densetsu. Diese sind außerhalb Japans vor allem aus Horrorfilmen und -literatur bekannt. So etwa Kayako aus The Grudge oder Kuchisake-onna.

Grundsätzlich hat jeder Kulturraum seine eigenen Legenden. So auch das Internet, wenn man dieses als Kulturraum bezeichnen kann. Nur sind Creepypastas im Grunde genommen eben die modernisierte Variante. Ihren Ursprung haben sie im Internet und jeder kann sie weitererzählen und -verbreiten; egal, ob mündlich oder per Knopfdruck.

Woher kommt der Begriff?

Creepypasta ist ein Portemanteau-Wort, das sich zusammensetzt aus creepy (engl. gruselig) und copypasta. Copypasta ist wiederum ein Wort, das sich aus copy and paste (engl. kopieren und einfügen) zusammensetzt. Copypasta (2006 geprägt auf 4chan.org) bedeutet im Speziellen, dass ein Beitrag immer und immer wieder weitergeteilt wird. Dies geschieht nicht nur auf der Originalseite des Posts sondern auch auf anderen Websites. In Prinzip wie eine Gruselgeschichte, die immer weitererzählt wird.

Welche Unterkategorien gibt es?

Kategorien gibt es endlos viele. Oftmals handeln Creepypastas von fehlerhaften oder verfluchten Spielen oder Computerdateien, Serienmördern, Geisteskrankheit, übernatürlichen Wesen, okkulten Ritualen, wissenschaftlichen Experimenten, verlorenen Folgen bekannter Serien oder mysteriösen und seltsamen Ereignissen.

Wie entstehen Creepypastas?

Basierend auf wahren Begebenheiten oder komplett ausgedacht, das ist eher irrelevant bei Creepypastas. Jeder, der Zugang zum Internet hat, kann seine Geschichten veröffentlichen. Natürlich führt das auch dazu, dass es viele schlechte bis mittelmäßige Spukgeschichten gibt. Schließlich schaut da kein Lektor mehr drüber. Aber hey, vielleicht sind ja einige von euch auch Schreiberlinge. Dann könnt ihr eure eigene Creepypasta hinzufügen und das Niveau etwas heben. Der Fantasie sind auf jeden Fall keine Grenzen gesetzt.

Wo finde ich Creepypastas?

//Disclaimer: Macht mich bitte nicht verantwortlich dafür, wenn ihr nach dem Lesen, Hören oder Schauen von Creepypastas Schlafprobleme oder Alpträume habt.//

Die meisten Creepypastas findet man in Sammlungen, in denen jeder Geschichten posten kann. Aber auch auf anderen Seiten wie Tumblr, sozialen Netzwerken wie Facebook, oder  auf Foren geistern sie herum.

Ein guter Anfang sind die beiden Websites Das deutsche Creepypasta Wikia und Creepypasta.org (englisch). Wer bei den Bekanntesten anfangen möchte, kann Candle Cove, Smile Dog oder Squidward’s Suicide lesen.
Ein kurzer Comic, der mich noch immer in meine schlaflosen Nächte verfolgt ist Bongcheon Dong Ghost (Achtung: Jump Scare!). Der Comic ist wahrscheinlich eher ein Toshi Densetsu als eine Creepypasta, aber die Grenzen sind fließend.
Wer sich lieber Gruselgeschichten anhört, als sie zu lesen, kann dies entweder auf Youtube tun oder mit einem Podcast für unterwegs. Youtube-Kanäle, die Creepypastas vorlesen, gibt es einige. Zwei davon sind Kati Winter CREEPYPASTA (deutsch) und MrCreepyPasta (englisch). Außerdem kann ich den Podcast The Last Podcast On The Left empfehlen. Bei diesem geht es allgemein um das Thema Horror und es gibt auch einige Episoden, in denen sie Creepypastas besprechen.

An Videos kann ich diese hier definitiv empfehlen:

Bedfellow

Don’t Hug Me I’m Scared (Teil 1 der 6-teiligen Video-Serie)

Salad Fingers Part 1 (Die ganze Serie geht fast eine Stunde, falls ihr an mehr als nur dem ersten Teil interessiert seid.)

Übrigens: Das Spiel Slender Man, von dem es mittlerweile schon einige Teile gibt, ist auch von einer Creepypasta inspiriert. Allerdings ist diese ursprünglich keine Geschichte gewesen, sondern ein Foto. Wer mehr über den Erfinder von Slender Man erfahren möchte, kann das auf dieser Website. Dort sind auch noch mehr Fotos. Wer mehr über die (angebliche) Lore zu Slender Man erfahren möchte, kann hier mehr herausfinden.

Ein wunderbar schauriges Wochenende, wünsche ich euch allen!


Bildquelle:
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5 Kommentare zu „Creepypasta // Folklore des 21. Jahrhunderts

  1. Ouhou spooky! Vor ein paar Jahren habe ich mich schon durch solche Dinge hindurchgegruselt. Bis zur absoluten Anspannung sämtlicher Nerven. Und das, wo ich doch eh schon so schreckhaft bin. *lach* Die Folgen kann man sich vielleicht denken … ;o)

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    1. Ja, mir geht es genauso. Ich bin da auch vor Jahren drüber gestolpert und bin ein riesiger Angsthase. Trotzdem kehre ich immer wieder zu Creepypasta zurück und denke mir, dass es ja gar nicht so schlimm sein kann wie ich es in Erinnerung habe. Natürlich liege ich jedes Mal falsch und habe nächtelang Alpträume /D
      Aber die japanischen Horrorgeschichten finde ich immer noch am gruseligsten. Geht dir das auch so?

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      1. Ja, geht mir ganz ähnlich. Dann ist auch erstmal volle Beleuchtung angesagt. Normal reicht mir eine Kerze, weil ich Kunstlicht nicht mag. Aber nach solchen Videos … *lach*
        Schau dir mal Vicious Award Winning Short Horror Film an, der ist auch nicht schlecht. (Bis auf den Moment, wo sie um die Tür rum ins Zimmer reingreift. Das fand ich unlogisch.) Aber ich suche noch ein ganz bestimmtes Video, wo man lange Zeit gar nicht mit Horror rechnet und dann … hab ich das ganze Haus zusammengeschrien. ;o)
        Sollte ich das nochmal finden, gebe ich dir den Link. LG Patricia

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      2. Der Kurzfilm ist echt gut! Aber du hast Recht; es ist unlogisch für sie um die Tür ins Zimmer reinzugreifen. Aber Leute in Horrorfilmen tendieren ja meistens einfach dazu dumme oder seltsame Dinge zu tun. Vielleicht ist den Filmemachern einfach keine bessere Lösung eingefallen, um den letzten Shot zu etablieren. Obwohl der ja schon etwas vorhersehbar war. Naja, erschrocken bin ich trotzdem ^^°

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